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Warum ich gegen das Griechenland-Kreditprogramm gestimmt habe
Bei der heutigen Abstimmung über das Europäische Kreditprogramm für Griechenland habe ich mit nein gestimmt. Sowohl die Bedingungen, unter denen das Programm zustande gekommen ist, als auch der konkrete Text der Vereinbarung zwischen der griechischen Regierung und den drei Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds lehne ich ab.
Neben den innenpolitischen Problemen Griechenlands, die von den Schwesterparteien von Union und SPD zu verantworten sind, sind die Bankenkrise und die aggressive deutsche Exportpolitik die Hauptursachen für die Notlage des Landes. Zur Erinnerung: Deutsche Billigexporte haben Südeuropa überschwemmt und die dortige Wirtschaft geschwächt, was letztlich die Sozialausgaben in diesen Ländern hat steigen lassen. Dass es nun ausgerechnet die deutsche Regierung ist, die den Griechinnen und Griechen Lösungen aus einer Krise vorschreiben will, die sie selbst mit verursacht hat, ist völlig inakzeptabel. Die Bundesregierung steht an der Spitze der europäischen Bemühungen, die darauf abzielen, die bisherige griechische Verarmungspolitik fortzusetzen. Das wurde bereits im griechischen Wahlkampf im Januar deutlich, als die dortige Bevölkerung unter Druck gesetzt werden sollte, nicht die Linkspartei Syriza zu wählen.
Die Art und Weise, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble und andere Vertreterinnen und Vertreter der Institutionen, die vormals Troika hießen, die neue griechische Regierung in den Verhandlungen erpresst haben, ist schier unerträglich. Die neue Regierung hat es nicht nötig, sich von den „Institutionen“ vorschreiben zu lassen, wie sie ihre Politik zu führen hat. Niemand kennt die inneren Probleme Griechenlands besser als die neue Syriza-Regierung, die nicht mit den alten, korrupten Eliten verbandelt ist. Es ist undemokratisch und unwürdig, so oberlehrerhaft mit der griechischen Regierung umzugehen, wie es Schäuble getan hat.
Meine Ablehnung des vorliegenden Textes richtet sich folglich nicht an die griechische Regierung, sondern an die deutsche Erpressungspolitik und eine Haltung der Institutionen, die zuweilen an Kolonialismus erinnert. Denn weiterhin gilt, dass Athen keine Entscheidungen ohne Brüssel und Berlin treffen darf. Damit muss endlich Schluss sein.
Die griechische Regierung hat sich trotz Schäubles kompromissloser Position wacker geschlagen. So viele Verweise auf „soziale Gerechtigkeit“ hat wahrscheinlich noch nie eine Regierung den europäischen Institutionen abgerungen. Dennoch sind die in der Vereinbarung enthaltenen Bestimmungen in vielen Punkten ein „weiter so“ der bisherigen unsozialen Politik.
Das wird besonders deutlich im Punkt Privatisierungen. Das Papier sieht vor, dass bisher getätigte Privatisierungen nicht rückgängig gemacht werden dürfen. Mehr noch, es werden „öffentlich-private Partnerschaften“ gefordert, mit anderen Worten: die staatlichen Ko-Finanzierung von privatem Profit. Und die Unternehmen, die die griechische Regierung nicht privatisieren will, sollen „wettbewerbsfähiger“ gemacht werden. Dabei ist es doch gerade der Mehrwert des öffentlichen Dienstes, keine Gewinne abwerfen zu müssen, sondern allein dem Wohl der Bevölkerung verpflichtet zu sein. Wenn diese unsägliche Privatisierungswut nicht endlich ein Ende hat, wird das Leid der Griechinnen und Griechen in Zukunft nur noch größer – und das wird hoffentlich niemand wollen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die griechische Schuldenlast bestehen bleibt. Ein Schuldenschnitt bzw. die Aussetzung der Schulden – wie von Syriza gefordert – wäre ein Schritt in die richtige Richtung gewesen.
DIE LINKE hat bisher alle sogenannten Griechenland-Rettungspakete als unsozial und antidemokratisch abgelehnt. Ich bleibe bei diesem nein. Ein Bruch mit der bisherigen Krisenpolitik ist die Voraussetzung für ein soziales, demokratisches, friedliches und ökologisches Europa, für das DIE LINKE gemeinsam mit der griechischen Regierung und den sozialen Bewegungen eintritt.
Inge Höger